Kapitel 3
Civic & Public Interest Tech
Definition
Civic Tech will neue Technologien und digitale Innovationen mit Regierungen und Verwaltungen zusammenführen, um zivilgesellschaftliche Interessen mit neuen und partizipativen Möglichkeiten besser umsetzen zu können. Offene Daten sind dabei oft das Fundament der entwickelten Anwendungen, Werkzeuge und Dienste.
Ehrenamtliche Entwickler*innen, Designer*innen und Daten-Enthusiast*innen nutzen ihre technische Expertise und entwickeln digitale Werkzeuge von Bürger*innen für Bürger*innen. Diese sollen der Gesellschaft einen besseren Zugang zu Informationen ermöglichen, die Kommunikation und Vernetzung zwischen Bürger*innen, Communities, Politik und Verwaltung vereinfachen und den öffentlichen Diskurs stärken. Einerseits wird dadurch mehr politische Teilhabe möglich, andererseits wird durch die entstehende Transparenz staatliche Rechenschaftspflicht verstärkt (siehe auch: Offenes Regierungshandeln).
Im Sinne des Open-Source-Ansatzes werden diese Tools nicht nur von der Zivilgesellschaft gebaut, sondern auch der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt. Andere können sie nachnutzen und entsprechend ihren spezifischen Bedürfnissen weiterentwickeln, ohne dass dabei Auflagen oder Einschränkungen von Regierungen oder Unternehmen berücksichtigt werden müssen.
Public Interest Tech ist ein Konzept, das auf ähnlichen Prinzipien basiert: Technisch versierte Akteur*\innen setzen ihr Können und ihre Kompetenzen im Sinne des Gemeinwohls ein und nehmen aktiv, d. h. systemisch, interdisziplinär und vor allem „bottom up“ an Innovationsprozessen teil, um hieraus entstehende Technologien in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.
Hinzu kommen die Einrichtung und Pflege von technischer Infrastruktur.
Thematisch erweitert Public Interest Tech den Fokus des Civic Tech: Der Augenmerk liegt weiter darauf, zivilgesellschaftliche Interessen zu realisieren. Statt in einer Reformierung der Interaktionen zwischen Bürger*in und Staat wird jedoch viel größer gedacht: Community-Technologien und Infrastrukturen werden entworfen, aufgesetzt und zur Verfügung gestellt mit einem Verständnis für die ethischen, rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen des technologischen Wandels.
Diese Herangehensweise kann konkrete Themen wie Umweltschutz, Menschenrechten, Gesundheit oder emergenten Technologien bearbeiten.
Rückblick
Im Jahr 2018 haben wir das Konzept für ein citylab.berlin mitenwickelt. Außerdem war der Energyhack 2 ein wichtiger Schritt zur weiteren Verzahnung von Nachhaltigkeits- und Tech– Communities.
Der Prototype Fund konnte 2018 die maximale Fördersumme je Team und Einzelentwickler auf 47.500 Euro erhöhen und den geforderten Eigenanteil der Projekte auf 5% reduzieren (von vorher 40%). Das ist ein Ergebnis der iterativen Anpassung an die realen Bedürfnisse von Selbstständigen als neuer Zielgruppe der Innovationsförderung, senkt die Zugangsschwelle und ermöglicht es weiteren Teilen der Zivilgesellschaft, Community-Technologien zu entwickeln und nutzbar zu machen.
Zudem haben wir einen wichtigen zivilgesellschaftlichen Beitrag zur öffentlichen Diskussion um die Anwendungen des maschinellen Lernens geleistet: Parallel zur Einrichtung der KI-Enquete durch die Bundesregierung (ohne nennenswerte zivilgesellschaftliche Beteiligung) haben wir mit der Förderrunde 5 „Maschinen lernen lassen“ Software-Ideen gesammelt, die die Potenziale und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz für die Gesellschaft erproben. Diese Anwendungsfälle erlauben, anhand von konkreten Umsetzungen den Diskurs anzureichern, zu kommentieren und Regulierungsbedarfe mitzuentwickeln.